HomeFan-Fiction von ZanjaFan-Fiction von NikklFan-Fiction von Hope
Matreus
Ausflug in die Oberwelt & Strafe muss sein




Ausflug in die Oberwelt


1
„Matreus, komm her!“, befahl Zanrelot mit kalter, strenger Stimme.


Der Junge zog den Kopf ein und ging zögerlich zu seinem Meister. Einen kurzen Moment lang hatte er gehofft, dass er auch mal wieder mit an die Oberfläche dürfte. Jona, seinem Cousin und Zanrelots Sohn, war es erlaubt, so oft er wollte. Doch er, Matreus, war nur der Diener. Eigentlich konnte er froh sein, dass er die Unterwelt überhaupt mal verlassen durfte. Aber meistens hatte er dann eine Aufgabe zu erledigen und konnte es sicht nicht leisten, rumzutrödeln. Doch so konnte er wenigstens ab und an mal die Sonne sehen und bekam mit, was sich oben veränderte. Und in den 5 Jahren, die er nun schon in der Unterwelt war, hatte sich einiges in Lübeck verändert. Doch daran verschwendete er augenblicklich keinen Gedanken. Stattdessen überlegte er fieberhaft, was er wohl angestellt haben mochte.
„Ja, Meister?“

Der Herrscher der Finsternis trat ganz nahe an den Jungen heran. Für seine 15 Jahre war Matreus zwar schmächtig gebaut, aber trotzdem schon größer als sein Meister. Nicht nur deshalb war sein Platz nicht auf, sondern vor der Plattform. Nur auf Aufforderung kam er dort hinauf.
„Matreus“, zischte Zanrelot ihm zu. „Du wirst auf Jona aufpassen. Es darf ihm oben nichts passieren. Soweit ich weiß, ist es dort oben schon wieder ein wenig unruhig. Wenn ihr dem Händler den Brief übergeben habt, kommt ihr sofort zurück. Keine Trödeleien.“ Er sah seinen Diener scharf an. „Sollte Jona etwas passieren, wirst du das Gleiche von mir abbekommen. Und dazu wirst du noch den Rohrstock zu spüren bekommen. Ist das klar?“

Verängstigt nickte sein Gegenüber. „Ja, natürlich Meister.“

Er blieb noch einen Moment stehen und wartete ab, ob sein Meister noch weitere Anweisungen für ihn hatte, aber der hatte sich bereits wieder von ihm weggedreht. Er verließ die Zentrale und kaum hatte sich die Tür hinter ihm geschlossen, lehnte er sich gegen eine Wand. ‚Oh nein, wie soll ich Jona nur davon überzeugen, sogleich wieder runter zu gehen? Das klappt doch nie. Die Prügel sind mir so gut wie sicher.’


2
„Jona, laß uns bitte wieder gehen. Der Meister erwartet uns.“, bat Matreus seinen Cousin. Doch dieser lachte nur.

„Wieso? Ist es dir unangenehm hier oben? Die vielen Leute und alles? Die hübschen Mädchen machen dich wohl unsicher?“, fragte Jona und sah einigen jungen Frauen nach, die kichernd ihren Weg kreuzten. Jona war bereits 17 und so 2 Jahre älter als Matreus. Er hatte bereits durch seine Ausflüge in die Oberwelt einiges an Erfahrung mit Mädchen gemacht. Doch in letzter Zeit hatte sein Vater ihm des Öfteren untersagt, nach oben zu gehen. Angeblich sollte es dort Unruhen geben. Die Schergen des Herzogs seien wieder einmal auf der Suche nach Zanrelots Helfershelfern.
„Also ich finde, wir sehen uns jetzt erstmal auf dem Markt um.“, beschloss er und drängte sich durch die Menge.

Matreus musste aufpassen, ihn nicht zu verlieren. Er hielt ihn am Arm fest. „Jona, ich finde es ist wirklich kein guter Zeitpunkt, um über den Markt zu schlendern. Wir sollten..“ Er kam nicht mehr dazu, seinen Satz zu beenden. Ganz wie sein Vater zischte sein Cousin ihm ein paar Worte zu. „Was wird das hier? Willst du mir Vorschriften machen oder mir widersprechen? Beides wird Vater nicht gefallen, wenn ich es ihm erzähle. Und nun lass mich los!“

Keiner von beiden hatte bemerkt, dass in diesem Moment die Schergen des Herzogs auf den Markt kamen. Erst das entrüstete Gemurmel der Marktleute machte sie darauf aufmerksam.
Panik stieg in Matreus hoch. Wenn die Schergen ihn und Jona finden sollten... Nicht auszumalen, was diese dann mit ihnen machen würden. Und was schließlich dann noch Zanrelot mit ihm machen würde, wenn sie das überlebten.

Er sah sich um, doch es gab kaum eine Möglichkeit sich zu verstecken. Kurzerhand riss Matreus Jona mit sich ins Gebüsch. Die Dornen der Hagebutte schnitten sich in ihr Fleisch, als sie tiefer und tiefer ins Dickicht krochen. Erst als er sich sicher genug fühlte, ließ er den Ärmel seines Cousins wieder los und hielt sich den Finger vor die Lippen.

Doch sie schienen Glück zu haben. Niemand kam ihnen hinterher. Sie warteten noch einige Minuten, dann transferierten sie sich wieder in die Unterwelt.


3
Sie kamen direkt in der Zentrale an, einige Meter vor der Plattform. Zanrelot stand bereits wartend vor ihnen, die Glaskugel in der Hand.

Der Meister wollte grade zu ihnen sprechen, als er ihre zerrissene Kleidung und die Kratzer an den Armen bemerkte. „Jona, bist du verletzt?“ Besorgt begutachtete er die Kratzer.

„Nein Vater, es ist alles in Ordnung.“, erwiderte sein Sohn lässig.

„Geh und zieh dich um und mach etwas Salbe dort drauf. Und dann komm zurück.“

Jona nickte und machte sich auf den Weg zur Tür. Matreus versuchte, sich ihm anzuschließen, aber wie erwartet ließ man ihn nicht gehen.

„Du bleibst hier!“, rief Zanrelot bestimmt. Er wartete einen Moment bis sich die Tür hinter Jona geschlossen hatte, bevor er weiter sprach. „Habe ich dir nicht aufgetragen aufzupassen, dass meinem Sohn nichts passiert? Und außerdem, dass ihr sofort zurückkommt? Stattdessen sehe ich hier in der Glaskugel, wie ihr den Mädchen hinterherguckt und auf dem Markt fast noch von den Schergen gefangen genommen werdet! Mit deiner Trödelei hast du das Leben meines Sohnes leichtsinnig gefährdet, nur weil du auf dem Markt ein bisschen Spaß haben wolltest.“

Zanrelot griff zu dem Rohrstock, den er immer griffbereit hatte. „15 Hiebe hast du dir damit eingehandelt. Die werden wohl genügen, um dir solche Flausen auszutreiben.“ Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. „Aber nicht ich werde sie dir verabreichen. Nein, das wird diesmal Jona für mich erledigen. Schließlich hast du sein Leben gefährdet, nicht meines.“

Matreus schluckte. 15 Hiebe waren wahrlich eine Menge. Bisher war es nur wenige Male vorgekommen, dass er 10 bekommen hatte, aber 15! Noch dazu kam, dass diesmal Jona ihn prügeln sollte. Vom Meister geprügelt zu werden war schon demütigend genug, aber sein Cousin würde danach nie wieder auch nur einen Funken von Respekt mehr für ihn übrig haben. Doch was sollte er tun? Er konnte an seiner Situation kaum etwas ändern. Wenn er es wagen würde, zu widersprechen, würde er deswegen noch 5 weitere Hiebe bekommen. Jona würde nie zugeben, dass er derjenige gewesen ist, der getrödelt hatte. Traurig senkte er den Blick. „Ja Meister, bitte verzeiht.“

Einen Moment später betrat Jona wieder die Zentrale. Er bemerkte sofort die Spannung zwischen den beiden und fragte sich, was sein Cousin in der kurzen Zeit, die er weg gewesen war, wohl angestellt haben mochte.

„Jonathan, Matreus hat wieder einmal meine Anweisungen missachtet. Ich habe ihn angewiesen, dass ihr sofort wieder runter kommt, wenn ihr den Brief übergeben habt. Stattdessen musste ich sehen, wie er dich angestiftet hat, auf dem Markt herumzutrödeln. Beinahe wärst du von den Schergen geschnappt worden. Und noch dazu bis du verletzt. Ich hatte ihn gewarnt, dass er auf dich aufpassen soll. Stattdessen hat er dich so unsinnig in Gefahr gebracht!“

Zanrelot musterte seinen Sohn. Natürlich wüsste er, dass dies ganz und gar nicht den Tatsachen entsprach. Er hatte gesehen, wie Matreus versucht hatte, auf Jona einzureden und ihn am Arm festgehalten hatte, als dieser sich unter die Leute mischen wollte. Wieder einmal missbrauchte er Matreus für Jonas Erziehung. Er wusste, dass sein Sohn stets versuchte, die Schuld auf seinen Cousin abzuwälzen. Dass er nicht genug Courage hatte, selbst für seine Fehler einzustehen. Doch Zanrelot war sich ganz sicher, dass er es diesmal tun würde. Denn diesmal wäre er aktiv daran beteiligt und würde genau wissen, was sein Verhalten bewirken konnte.

„Und weil er dich in Gefahr gebracht hat, habe ich beschlossen, dass du selbst ihm diesmal diese Lektion erteilen wirst.“ Er reichte seinem Sohn den Rohrstock.

„Matreus“, sagte er nur kurz und der Angesprochene reagierte umgehend. Es war nicht nötig, irgendetwas abzusprechen. Diese Prozedur war ihnen beiden seit Jahren bekannt. Es verging kaum eine Woche, in der er keine Prügel bekam. Meist jedoch verdient, weil er wieder etwas zerbrochen hatte, unaufmerksam gewesen war, sich nicht angestrengt hatte oder es gewagt hatte, Widerworte zu geben. Doch es beschämte ihn zutiefst, dass Jona ihn nun so sehen würde. Trotz alledem ging er gehorsam hinüber zum Tisch, zog die Hose herunter, lehnte die Arme auf den Tisch und legte den Kopf auf den Unterarmen ab.

Jona beobachtete das vertraute Zwischenspiel der Beiden unruhig. Noch nie hatte sein Vater ihn dabei sein lassen, wenn er Matreus bestraft hatte. Und das wollte er auch gar nicht. In früheren Zeiten hatte er die Schreie bis hinüber in seine Kammer gehört. Und es hatte ihm leid getan. Zumindest wenn er wusste, dass er seinetwegen bestraft wurde. Jona bekam ein schlechtes Gewissen. Sollte er seinen Vater darauf hinweisen, dass er selbst getrödelt hatte? Nein, vermutlich würde das seinem Vater nicht gefallen und wer weiß, welche Strafe er dann zu verbüßen hatte. Er nahm den Rohrstock entgegen und stellte sich neben den blonden Jungen. Sein Vater korrigierte kurz seine Position.

„Es ist eh an der Zeit, dass du das lernst.“, sagte er. „Also: 15 Hiebe.“


4
Jona sah nicht auf zu seinem Vater. Er versuchte, sich zu überwinden, seinen Cousin zu züchtigen für etwas, das er selbst verschuldet hatte. Noch einmal dachte er darüber nach, seinem Vater zu gestehen, dass er es gewesen war, der sich geweigert hatte, gleich zurückzukommen. Doch dann holte er Schwung und ließ den Rohrstock auf den nackten Hintern seines Ziehbruders klatschen.


Matreus war erleichtert, als er merkte, dass Jona nicht sehr fest zugeschlagen hatte. So würde er die 15 Hiebe wohl mehr oder weniger problemlos überstehen. Doch schon hörte er die mahnende Stimme des Meisters.
„Jonathan, mach das ordentlich.“

Der nächste Hieb war wesendlich stärker, wenn auch nicht so hart wie die vom Meister. Matreus zählte jeden einzelnen der Hiebe mit. So war es ihm von Anfang an eingebläut worden. Jona bekam mehr und mehr Übung und schon bald hatte er das Gefühl, sein Hinterteil brannte wie Feuer. Tränen traten ihm in die Augen, doch er hielt sie zurück. Er biss die Zähne zusammen und gab keinen Laut von sich, obwohl er am liebsten schreien würde. Schon vor langer Zeit hatte er gelernt, dass Tränen, Geschrei und Bettelei ihm nicht halfen. Der Meister führte seine Züchtigung unnachgiebig bis zum Ende durch. Von so etwas ließ er sich nicht beeindrucken.

Am Rande bekam er mit, wie Zanrelot die Zentrale verließ und sie allein ließ. Die gesprochenen Worte bekam er nicht mit, zu sehr war er auf sich selbst konzentriert. 11…12…13, Matreus hielt es kaum noch aus. Dann nahm er wahr, dass Jona den Rohrstock vor ihn auf den Tisch legte. Das Zeichen dafür, dass die Bestrafung zu Ende war. Der blonde Junge war überrascht und blieb in seiner Position. Sollte er Jona darauf hinweisen, dass noch zwei Hiebe fehlten? Oder war das bereits schon wieder ein Widersprechen? Andererseits, tat er es nicht, würde ihm zur Last gelegt werden, er wäre unaufmerksam gewesen.
„Jona, das waren erst 13“, brachte er zaghaft heraus.

Jona sah auf. Er hatte gedacht, dass Matreus froh sein würde, nicht die volle Anzahl zu bekommen. Es war ihm peinlich, dass er dabei erwischt wurde. Ihm hätte klar sein müssen, dass sein Vater den Jungen darauf konditioniert hatte, so zu reagieren. Beschämt sah er auf die roten Striemen auf dessen Hintern. Er hatte schon gar nicht mehr gewusst, wo er noch hätte hinschlagen sollen.
„Geh!“, wies er den Jüngeren an, doch der bewegte sich nicht. „Nun geh schon, oder soll ich dir Beine machen?“

Matreus war verwundert über den scharfen Ton, den sein Cousin plötzlich am Leibe hatte. Er zog die Hose hoch. Der raue Stoff strich schmerzvoll über die Striemen. Doch was nun folgte, war für ihn fast noch schmerzvoller als das. Langsam drehte er sich um. Er atmete tief durch. Scham erfüllte ihn. Scham und auch eine Art Hass. Darauf, dass ausgerechnet sein Peiniger derjenige war, dem diese Strafe eigentlich zustand. Doch nun musste er noch die Bestrafung ordnungsgemäß beenden, wie sie immer beendet wurde.

Er konnte seinen Cousin nicht ansehen. Zu groß war die Demütigung.
„Ich danke dir Jona, dass du mir diese Lektion erteilt hast. Ich werde mich zukünftig bemühen, nicht mehr herumzutrödeln und meine Aufgaben ordnungsgemäß zu erledigen. Wenn du erlaubst, werde ich mich nun zurückziehen.“

Jona war erschrocken über die gehörten Worte. Er hatte keine Ahnung gehabt, in welchem Ausmaß diese Bestrafungen stattfanden. Dass sich Matreus auch noch bei ihm Bedanken musste, beschämte ihn zutiefst. „Ja, geh“, sagte er nur und er war froh, als der Junge die Zentrale verlassen hatte.

„Das waren nur 13, Jonathan!“, hörte er eine Stimme links von ihm. Sein Vater stand in der schmalen Seitentür und sah zu ihm herüber. Hatte er dort etwa die ganze Zeit gestanden und er hatte es nicht bemerkt? Er wurde rot. „Ja Vater, das stimmt. Es waren nur 13. Aber auch die waren mehr als genug.“

„Ich hatte 15 angeordnet. Die restlichen 2 bekommt er beim nächsten Mal von mir nachgeliefert. Warum widersetzt du dich meiner Anweisung?“ Er trat näher an den Tisch heran und nahm den Rohrstock in die Hand.

Jona schluckte. „Ich hatte Schuld, Vater. Ich habe mich geweigert, wieder nach unten zu gehen. Ich wusste nichts von deiner Anweisung.“ Er senkte den Kopf. „Eigentlich hat Matreus diese Prügel nicht verdient", sagte er leise.

Zanrelot sah seinen Sohn scharf an. „Und doch hast du es zugelassen, dass Matreus bestraft wird? Hast ihn sogar selbst gezüchtigt? Jona, das ist eine Charakterschwäche, an der du dringend arbeiten musst.“ Doch alles in allem war er zufrieden. Sein Sohn hatte zugegeben, dass er der Schuldige war.
„Und was Matreus betrifft, der hätte so oder so Prügel bekommen. Ich hatte ihm aufgetragen, sofort wieder runterzukommen. Das hat er nicht getan. Die Umstände, warum nicht, interessieren mich im Grunde nicht. Wichtig ist nur das Ergebnis. Vielleicht wäre die Strafe weniger hart für ihn ausgefallen, wenn du gleich zugegeben hättest, was ich eh schon wusste. Aber nun ist es so, wie es ist.“

Jona sah auf. „Du wusstest es? Und trotzdem hast du mich ihn schlagen lassen?“

Zanrelot schmunzelte. „Ja, ich sagte doch, es ist an der Zeit, dass du das lernst.“

ENDE




Strafe muss sein

1
Zanrelot nahm Maß und ließ den Rohrstock auf Matreus nackten Hintern klatschen. Wieder und wieder. Er hatte dem Jungen untersagt, zu betteln oder zu flehen. Und wie befohlen gab er keinen Ton von sich. Doch dann vernahm der Meister ein leises Wimmern. Grade wollte er seinen Diener anfahren, ob er etwas gesagt hatte, da wurden ihm die tiefroten Striemen auf dessen Hintern bewusst.

Er hatte die Beherrschung verloren. Er wusste nicht einmal genau warum, aber er hatte tatsächlich die Beherrschung verloren und mit voller Wucht auf den Jungen eingeprügelt.
Zanrelot schüttelte leicht den Kopf. Wie konnte ihm so was passieren. Sicher, Matreus hatte einen Fehler gemacht. Aber es gab trotzdem keinen Grund, weshalb er, Zanrelot, die Beherrschung verlieren dürfte. Er war der Meister, der Herrscher der Finsternis und er musste stets besonnen sein, um seine eigenen Pläne nicht zu gefährden.

Er ließ die Hand mit dem Rohrstock sinken. „Wie viele waren das?“, fragte er seinen Diener streng.

Es dauerte einen kurzen Moment, bevor dieser in der Lage schien zu antworten. Mit gequälter, angestrengter Stimme antwortet der Junge. „Es waren acht Hiebe, Meister.“

Zanrelot sah hinab auf den Jungen, der sich gehorsam auf den Tisch gelehnt hatte, um seine Strafe entgegenzunehmen. Noch immer zitterte er am ganzen Leib.

‚Das ist definitiv genug’, sagte sich der Meister, als er nochmals die Striemen begutachtete. Er legte den Rohrstock auf den Tisch.

Eine Welle der Erleichterung schien durch Matreus Körper zu gehen. Ganz vorsichtig richtete er sich auf. Es dauerte einen Moment, bis er in der Lage schien, die Hose hochzuziehen. Der Meister sah, wie er die Luft anhielt, als der Stoff sich über die Striemen schob. Verstohlen wischte sich sein Diener die Tränen aus den Augen, bevor er sich zu ihm mit gesenktem Kopf umdrehte.
„Meister, ich werde mich sehr bemühen, achtsamer zu sein, damit so etwas nicht wieder vorkommt. Wenn Ihr erlaubt, werde ich mich nun zurückziehen.“

Zanrelot sah, wie sehr der Junge sich bemühen musste, um nicht in Tränen auszubrechen. Anscheinend besann er sich auf die gelernte Selbstdisziplin und tat das, was man von ihm erwartete. Damit war sein Meister zufrieden. Nicht nur, dass er sich tatsächlich an die Anweisung gehalten hatte, nicht zu betteln, er hatte auch versucht, die äußerst harten Hiebe ohne einen Laut von sich zu geben, einzustecken. Für seine 14 Jahre war der magere blonde Junge sehr zäh.

Der Meister nickte. „Du darfst gehen.“




2
Jona kam gut gelaunt in die Unterwelt zurück. Eine der Lübecker Kaufmannstöchter schwärmte für ihn und das kostete er voll aus. Doch nun trieb es ihn zurück in die Unterwelt. Die Tage oben wurden kürzer und ein unangenehmer Nieselregen hatte eingesetzt.

Jona machte sich auf die Suche nach Matreus. Sein Vater würde nun einfach nach ihm brüllen, aber dieses Privileg stand ihm, seinem Sohn, nicht zu. Er musste sich schon selbst auf die Suche machen. Er betrat die Küche. Der Tisch war bereits gedeckt fürs Abendbrot, jedoch nur für eine Person. Brot, Butter und sogar etwas Wurst waren bereitgestellt. Anscheinend hatte Matreus bereits zu Abend gegessen. Er widerstand der Versuchung, eine Scheibe Wurst ohne Brot zu essen und verließ die Küche wieder. Er ging den Gang entlang zu ihren Kammern. Ohne zu klopfen betrat er die von Matreus und wurde fündig. Sein Cousin lag bäuchlings auf seinem Bett und schien zu weinen. Die Hose hatte der jüngere ausgezogen und auf seinem nackten Hintern erkannte er tiefrote Striemen.

Jona stieß einen leisen Pfiff aus. „Da muss Vater aber sehr gereizt gewesen sein“, stellte er fest. Er hatte schon des Öfteren Striemen auf dem verlängerten Rücken seines Cousins gesehen. Aber diese hier stellten alle in den Schatten.

Der Junge auf dem Bett wischte sich die Tränen weg und richtete sich auf. Mit schmerzverzerrtem Gesicht stand er auf und griff nach seiner Hose.
Jona hielt ihm am Arm fest. „Was hast du vor?“, fragte er.

Matreus sah ihn nur kurz an und senkte dann den Blick. „Es ist Zeit fürs Abendessen“, murmelte er.

Jona überlegte einen Moment. Bestimmt taten diese Striemen höllisch weh, schon ohne den Stoff, der darüber rieb. Er empfand ein wenig Mitleid für seinen Ziehbruder. Er wusste natürlich, dass der blonde Junge oft von seinem Vater verprügelt wurde, wenn er etwas falsch gemacht hatte. Oftmals hatte er selbst dafür gesorgt, dass es so geschah. Sein Vater hatte ihn angewiesen, ihm bei Matreus Erziehung zu helfen und darauf war Jona sehr Stolz. Er wurde angehalten, sämtliche Vergehen seinem Vater zu melden und er tat es recht gern, denn dies war eine Aufgabe, die Jona ohne große Mühen erfüllen konnte. Und sein Vater war jedes Mal zufrieden mit ihm. Heute jedoch war er sehr gut gelaunt und wollte dies mit Matreus teilen.

„Ich werde heute mal alleine essen“, bestimmte er und fügte großzügig hinzu: „Bleib hier und versorge deine Wunden.“

Im Hinausgehen nahm er noch kurz Matreus überraschtes Gesicht war. Doch schon hatte er die Tür hinter sich geschlossen.

Jona machte es sich in der Küche bequem. Er fand es ganz schön, einmal alleine zu sein. So konnte er seinen Gedanken freien Lauf lassen. Er fing an, zu grinsen. „Ja, ja, die kleine Elisabeth. Der werde ich schon zeigen, was Zanrelots Sohn alles so draufhat. Im Gegensatz zu den anderen Versagern in Lübeck, die um sie herumscharwenzeln.“ Gedankenverloren stand er auf als er fertig war und verließ die Küche. Das hinterlassene Chaos würde sich schon irgendwie erledigen. Darüber dachte er, wie üblich, gar nicht weiter nach.



3
Matreus schreckte auf, als er seinen Namen hörte. Anscheinend war er tatsächlich eingeschlafen. Er sprang vom Bett und sofort meldeten die Striemen auf seinem Hintern Protest an bei dieser Bewegung. Nur eine Sekunde später wurde die Tür zu seiner Kammer aufgerissen und Zanrelot stürmte herein. Er wurde grob am Kragen gepackt und mit geschliffen. „Du treibst mich heute zur Weißglut!“, zischte dieser. Matreus zitterte vor Angst. Er hatte keine Ahnung, was er verbrochen haben könnte, doch anscheinend hatte sich der Meister noch nicht wieder beruhigt gehabt, bevor seine Wut neu angeheizt wurde.

Bis zur Küche waren es nur ein paar Meter und als er vom Meister hineingeschubst wurde, wusste er, warum dieser verärgert war. ‚Natürlich’, sagte sich Matreus. ‚Jona hatte zu Abend gegessen und es aber nicht für nötig befunden, danach aufzuräumen. Ich hätte es besser wissen sollen. Niemals würde Jona eine niedere Arbeit wie Aufräumen für mich übernehmen. Auch wenn er vorhin noch so großzügig tat. So weit ging die Großzügigkeit dann doch nicht.’

Ohne ein Wort zu sagen oder seinen Meister auch nur anzusehen, begann er eilig damit, den Tisch abzudecken. Erst einen Moment später bemerkte er, dass Zanrelot gegangen war. Er seufzte kurz und wischte in windeseile den Tisch ab. Dann nahm er den Besen, kehrte die Krümel zusammen und tat alles in einen Eimer. Den Teller und die Tasse spülte er kurz ab, trocknete sie und stellte sie zurück in den Schrank. Er überlegte gerade, ob er direkt zu Zanrelot gehen sollte, um ihm zu sagen, dass er nun fertig war mit seiner Arbeit, oder ob er es wagen sollte, zuvor noch seine Hose zu holen. Doch diese Überlegung erübrigte sich, denn der Meister war bereits wieder zurück und stand in der Tür. Er hatte den Rohrstock in der rechten Hand und schlug ihn ein paar Mal in die Linke.

Matreus fing sofort an zu zittern. Er hatte das Gefühl, seine Knie gäben nach. Angstschweiß stand ihm auf der Stirn. Mit einer Hand hielt er sich am Tisch fest. Sein Atem ging panisch. ‚Oh Gott, nein, der Meister wird mich doch nicht schon wieder schlagen’, dachte er verzweifelt, aber laut sagte er nichts. Seine Kehle war wie zugeschnürt. Er hätte gar nichts sagen können, auch wenn ihm etwas eingefallen wäre. Und er wusste, dass er im Grunde genommen die üblichen fünf Hiebe verdient hatte. Die Küche sauberzuhalten war seine Aufgabe und die hatte er nicht erledigt. Er blieb wo er war, senkte den Blick und wartete auf die Reaktion seines Meisters.

Er sah, wie dieser aus der Tür trat, auf ihn zukam und schließlich seine Schlagposition einnahm. Matreus war steif vor Angst. Er wusste genau, was von ihm erwartet wurde, doch er konnte es nicht tun. Er konnte sich nicht auf den Tisch beugen. Anscheinend hatte sein Meister das genau erkannt und half nach. Er wurde am Nacken gepackt und auf den Tisch gedrückt. Hätte er geglaubt, irgendwelche Worte hätten Zanrelot beeinflusst, so hätte er sie nun vorgebracht. Aber er wusste, dass jegliche Strafen unbarmherzig vollzogen wurden. Er biss die Zähne zusammen und stellte sich auf schreckliche Schmerzen ein.

Er spürte kurz den Rohrstock, als der Magier Maß nahm. Dann erhielt er den ersten Hieb. Sein Hintern brannte wie Feuer, als der Rohrstock die alten Striemen traf. Und doch merkte er, dass der Meister nicht fest zugeschlagen hatte. Auch die weiteren vier Hiebe waren sehr schwach. Dann wurde der Rohrstock vor ihn auf den Tisch gelegt. Er richtete sich wieder auf. Dankbar sah er seinen Meister an. Er wusste, dass der Herrscher der Unterwelt niemals eine Strafe wegfallen lassen würde. Aber diese schwachen Hiebe waren seine Art, gnädig zu sein.

„Vielen Dank, Meister“, sagte er ergeben. Sie wussten beide, warum er bestraft worden war. Es war nicht mehr nötig, sich auch noch für die Strafe selbst zu bedanken. Und das würde nie wieder nötig sein. Matreus hatte verstanden. Sie müssten sich beide an bestimmte Dinge halten. Er hatte seine Aufgaben zu erfüllen und sein Meister die Seinigen.

ENDE

 

Tage wie dieser & Botengang
Ausflug in die Oberwelt & Strafe muss sein
Fiasko
Wächtermentor
Verstoßen
HomeFan-Fiction von ZanjaFan-Fiction von NikklFan-Fiction von Hope
© Stefanie Jaschek