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Matreus
Jonas Zauberbuch



Jonas Zauberbuch



Teil 1
 
„Wo ist es nur? Er wird sehr verärgert sein. Ich muss es einfach finden.“ Jona war verzweifelt. Das Büchlein, in dem er die Zaubersprüche, die sein Vater ihn gelehrt hatte, festhielt, war einfach nicht aufzufinden. Zanrelot kontrollierte es jeden Freitag auf Vollständigkeit und in ein paar Minuten sollte es wieder soweit sein. Jona hatte seine Kammer bereits drei Mal durchsucht. Das nun herrschende Chaos machte es beinahe unmöglich, überhaupt irgendetwas darin wiederzufinden.

 

„Hast du schon unter dem Bett nachgesehen?“ Matreus stand in der Tür und beobachtete seinen Cousin besorgt. Sollte er das Buch nicht rechtzeitig wiederfinden, würde der Meister sehr erbost reagieren, das war ihm klar. Es war nicht Matreus‘ Fehler gewesen, dass es verloren gegangen war, er räumte Jonas Kammer jeder Samstag auf und das war erst morgen. Doch den Zorn des Meisters würde er trotzdem auch abbekommen, denn Jona hatte höchstens eine Strafpredigt zu befürchten, oder, wenn Zanrelot sehr wütend war, würde er ihm vielleicht für eine Weile die Ausflüge an die Oberfläche untersagen. Nie würde er seinen Sohn züchtigen, auch wenn er das ab und zu durchaus verdient hätte, wie Matreus fand. Doch so etwas würde er niemals laut aussprechen. Jona war der Sohn des Meisters, für ihn galten eben andere Regeln.

 

Jona blickte Matreus genervt an. „Natürlich habe ich dort schon nachgesehen. Genau wie in jedem anderen Winkel hier!“ Matreus zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Wo hattest du es denn zuletzt?“, wagte er zu fragen. Jona trat wütend gegen einen Stuhl, dann schrie er den Jüngeren an. „Wenn ich das wüsste, müsste ich nicht danach suchen!“ Jona blickte Matreus herablassend an. „Hast du keine Aufgaben zu erledigen?“ Matreus hob beschwichtigend die Hände. „Schon gut. Tut mir leid. Ich wollte ja nur helfen.“ Jona stand förmlich unter Strom. „Ich brauche keine Hilfe von einem Diener!“ Matreus war völlig vor den Kopf gestoßen. Er konnte darauf nichts erwidern. Noch nie zuvor hatte sein Cousin ihn so bezeichnet. Im Grunde war es einfach nur die Wahrheit, doch Matreus war tief getroffen.

 

Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und ließ Jona allein. Er machte sich an seine Aufgaben und verdrängte jeden weiteren Gedanken an Jonas Worte, die ihn so tief verletzt hatten.

 

 

Teil 2

 
Nach und nach wurde Matreus mit seinen täglichen Arbeiten fertig. Sein nächster Weg führte ihn in die Seelenhalle. Er machte einmal täglich einen Kontrollgang, um sicherzustellen, dass die Phiolen noch vollständig und unversehrt waren. Schon beim Eintreten fiel sein Blick auf das Büchlein, das Jona dort scheinbar hatte liegen lassen. Er seufzte leise, als er es an sich nahm. Natürlich blätterte er nicht darin. Das stand ihm nicht zu und das wusste er. Stattdessen machte er sich sofort auf den Weg zu Jonas Kammer. Er klopfte an, doch niemand gestatte ihm, einzutreten. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet ihm, dass sich sein Cousin in der Zentrale befinden musste. Es war Zeit für Zanrelots wöchentliche Zauberbuchkontrolle. Aber auch ohne den Blick auf die Uhr hätte er gewusst, wo sich Jona befand, denn im nächsten Moment schallte ein wütendes „WAS!?“ durch die gesamte Unterwelt. Matreus zuckte zusammen. Der Meister musste soeben erfahren haben, dass Jona das Buch verbummelt hatte.

 

Matreus sah auf das Büchlein in seiner Hand. Er zögerte keinen Augenblick. So schnell er konnte, eilte er zur Zentrale. Als er hineinstürmte, nahm er ein klatschendes Geräusch wahr. Jona stand mit gesenktem Kopf vor seinem Vater. Er hatte sich soeben die erste Ohrfeige seines gesamten Unterweltlebens eingefangen. Der Meister wurde sehr wütend, als Matreus hereinplatzte. Er hatte nicht nur die Zentrale auf völlig ungebührliche Weise betreten, sondern Zanrelot auch noch bei einer Bestrafung unterbrochen.

 

Ungehalten fuhr er seinen Diener an. „Was zum Teufel hat dieser Auftritt zu bedeuten?“ Matreus schluckte. Für einen Moment dachte er darüber nach, einen Rückzieher zu machen. Doch ein Blick auf Jona überzeugte ihn vom Gegenteil. „Bitte verzeiht, Meister“, sagte er nur kurz, dann wandte er sich an seinen Cousin. Er drückte ihm das Buch in die Hand. „Danke Jona, das hat mir sehr geholfen.“

 

Er wollte gerade wieder gehen, als ihn Zanrelots Blick zurückhielt. Dieser sah zwischen den beiden Jungen hin und her. Jonas verdutzter, überraschter Blick war ihm nicht entgangen. Er entschied sich dafür, seinen Sohn dazu zu befragen. „Was hat das zu bedeuten, Jonathan?“, fragte er streng. Jona warf Matreus einen fragenden Blick zu. Dieser nickte kaum erkennbar. Jona sammelte sich kurz, atmete tief durch und begann schließlich. „Ich hatte ihm das Buch geliehen, damit er die Sprüche, die du ihm beigebracht hast, nochmals nachlesen und üben kann, Vater“, log er, ohne auch nur leicht rot zu werden.

 

Zanrelot sah erstaunt aus. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sein Sohn Matreus freiwillig bei etwas half. Skeptisch sah er ihn an. „Wieso hast du mir das nicht sofort erzählt?“, hakte er nach. Jona überlegte kurz. Nach der ersten Lüge waren seine Skrupel wie weggeblasen. „Nun ja. Ich hatte ihm gesagt, er soll es am Freitagmorgen zurück auf meinen Schreibtisch legen, Vater. Und dann dachte ich nicht mehr daran, dass er es hatte. Bitte entschuldige.“

 

Zanrelot sah zu Matreus hinüber, der wie erwartet den Kopf gesenkt hatte. Doch, anders als der Meister vermutete, tat er das nicht aus Schuldbewusstsein oder Reue, sondern um seine Bestürzung über Jonas übertriebene Lüge und die aufkeimende Furcht zu verbergen.

 

Der Meister nickte Jona zu. Er nahm ihm das Buch aus der Hand und überprüfte die letzten Einträge. „Du führst dein Buch sehr gewissenhaft. Weiter so, mein Sohn“, lobte er Jona. Zanrelot war zufrieden. Er gab es ihm zurück und schickte ihn hinaus. Jona blickte sich an der Tür noch einmal kurz um. Er sah nur noch, wie sein Vater nach dem Rohrstock griff, ehe sich das Tor hinter ihm schloss.

 

Teil 3

 
Zanrelot sah Matreus durchdingend an. Dieser begab sich, ohne auch nur ein Wort zu verlieren, augenblicklich zum Tisch und nahm seine Position ein. Der Meister wunderte sich nicht über dieses Verhalten. Matreus war schon lange genug in der Unterwelt, um zu wissen, was von ihm verlangt wurde. Und vor allem wusste er, dass Rechtfertigungen oder Bitten ihm nicht halfen.

 

Doch Zanrelot zögerte. Er war hin- und hergerissen. Zum Einen stand nun die Bestrafung an, die sein Neffe für seine Unzuverlässigkeit verdiente. Doch zum Anderen wusste der Meister genau, dass an Jonas Geschichte etwas faul war. Sein Sohn hatte einmal mehr seinen eigenen Kopf aus der Schlinge gezogen und das, wie so oft, auf die Kosten seines Cousins. Aber eigentlich hatte Matreus sich das alles auch selbst zuzuschreiben. Er war schließlich mit dem Buch in die Zentrale gestürmt. Und das nur, um Jona zu schützen. Zanrelot schüttelte den Kopf. Wie auch immer er es drehte und wendete, er kam immer zu demselben Schluss. Matreus hatte sehr ehrenvoll gehandelt. Und dennoch hatte er sich die Prügel in jedem Fall verdient. Wenn nicht für die verspätete Rückgabe des Buches, dann eben dafür, dass er mitgeholfen hatte, den Herrscher der Finsternis an der Nase herumzuführen.

 

So holte Zanrelot schließlich aus und verpasste seinem Diener die wohlverdienten fünf ordentlichen Hiebe. Matreus versicherte ihm, von nun an zuverlässiger zu sein und wurde schließlich entlassen.

 

Er machte sich unverzüglich an seine weiteren Aufgaben. Das lenkte ihn ein wenig von den körperlichen und vor allem seelischen Schmerzen ab.

 

 

Teil 4

 
Matreus trat gerade aus Zanrelots Seelenhalle heraus, da stand Jona plötzlich vor ihm. Der große, 14jährige Junge sah seinen Cousin bedrückt an. „Ich habe dich schon überall gesucht.“ Matreus war verwundert. „Entschuldige Jona. Ich habe die Seelenhalle kontrolliert. Was kann ich für dich tun?“ Jona war bestürzt. Matreus hatte soeben Prügel für ihn eingesteckt und nun erwartete er tatsächlich neue Befehle von ihm. Er konnte die Denkweise seines Cousins nicht nachvollziehen.

 

Langsam zog Jona ein Blatt Papier aus der Hemdtasche und reichte es dem Jüngeren. „Ich habe dir ein paar einfache Zaubersprüche rausgeschrieben. Aber achte darauf, dass Vater dich nicht beim Üben erwischt.“ Matreus betrachtete verwirrt den Zettel. Einige sehr interessante Zaubersprüche waren darauf beschrieben. Viele, die er schon lange hatte lernen wollen, die ihm der Meister jedoch nie gestattet hatte, zu versuchen.

 

Matreus blickte Jona lange an. „Das ist toll. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Danke Jona!“ Jona schüttelte leicht den Kopf. Er fixierte fest die Augen seines Cousins. „Ich danke dir, Matreus.“ Dann drehte er sich um und ging davon.

ENDE



Lehrstunden
Die Lüge & Auszeit
Jonas Zauberbuch
Begegnung mit Folgen
Bis in alle Ewigkeit
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© Stefanie Jaschek