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Matreus
Für eine Flasche voll Zeit



Für eine Flasche voll Zeit



Jim Croce: Time in a Bottle

If I could save time in a bottle
The first thing that I'd like to do
Is to save every day
Till eternity passes away
Just to spend them with you

If I could make days last forever
If words could make wishes come true
I'd save every day like a treasure and then,
Again, I would spend them with you

But there never seems to be enough time
To do the things you want to do
Once you find them
I've looked around enough to know
That youre the one I want to go
Through time with

If I had a box just for wishes
And dreams that had never come true
The box would be empty
Except for the memory
Of how they were answered by you

But there never seems to be enough time
To do the things you want to do
Once you find them
I've looked around enough to know
That you're the one I want to go
Through time with

 





Zanrelot war weit hinausgewandert, bis zum Ostseestrand. Er hatte einen wolkigen Tag gewählt, denn er spürte bereits, wie er das Sonnenlicht immer schlechter vertrug. Außerdem begegnete man bei düsterem Wetter weniger Menschen, und Gesellschaft war das Letzte, was er suchte. Dass er seit Jahren auf dem Weg war, sich selbst aus der menschlichen Gesellschaft auszuschließen, störte ihn nicht. Sie hatte ihn immer ausgestoßen, schon, als er noch ein Kind war und dazugehören wollte. Der Mord der braven Bürger an seinem Vater hatte dann auch jeglichen Wunsch in ihm ausgetilgt, zu dieser ehrenwerten Gesellschaft zu gehören.

Nein, der langsame Abschied von der Welt der Menschen schmerzte den werdenden Dämon nicht. Nur der von zwei Menschen...

Sie war tot. Einfach weg. Unwiederbringlich. Wie seine Mutter. Wie sein Vater. Sie waren alle viel zu früh gestorben, junge Menschen, mitten aus dem Leben gerissen, durch Krankheit, durch Mord, durch einen unsinnigen Unfall. Zanrelot war selbst noch ein relativ junger Mann, aber dieses letzte Ereignis hatte ihm ins Gedächtnis gerufen, wie schnell für jeden alles vorbei sein konnte und hatte ihn endgültig in seinem Beschluss bestärkt, ein Unsterblicher zu werden.

Er war immer trotzig gewesen und er hatte nicht vor, sich klaglos unter das Joch der Vergänglichkeit zu beugen. Welchen Sinn hatte denn das Leben, wenn es irgendwann einfach vorbei war und in den seltensten Fällen auch nur Spuren hinterließ? Mochten andere mit diesem Los leben können, er nicht!

Er war auch zeitlebens ein kritischer Mensch und ein Zweifler gewesen. Er glaubte nur an das, was er sah. Die Magie des Schwarzen Abtes, wie wundersam sie auch anmutete, war sichtbar und spürbar. Hätte Zanrelot dem Glauben seiner Zeitgenossen angehangen, dann hätte er sich nicht von den Sterblichen trennen dürfen, sondern hoffen können, seine Lieben auf der anderen Seite wiederzusehen. Es gab durchaus Momente, wo er ins Grübeln kam und Zweifel an seinen Zweifeln bekam. Aber der Wunsch, all dieser Ungewissheit und dem Tod zu entrinnen, war stärker.

Warum sollte er den Toten auch nachlaufen? Wenn sie etwas von ihm wollten, konnten sie ja zu ihm kommen! Der Schwarze Abt hatte ihm Geister gezeigt. Warum erschienen ihm nie seine Eltern? Würde die Frau, die er geliebt hatte, die Mutter seines Sohnes, je zu ihm kommen? Irgendetwas sagte ihm, dass er darauf nicht hoffen durfte. Es kamen nie die, welche man wiedersehen wollte. Das Jenseits schickte immer nur ungebetene Gäste.

Die Mutter seines Sohnes... Jonathan war ihm bei ihrem Begräbnis begegnet. Zanrelot hatte ihm angeboten, mit ihm zu kommen, hatte ihn beinahe angefleht. Aber für den Jungen war er ein Fremder. Wie ein Tier, schien er instinktiv zu spüren, dass Zanrelot anders war als alle, die er kannte. Er mied ihn wie der Teufel das Weihwasser. Bei dem Vergleich lachte Zanrelot bitter auf. Es war ja wohl eher umgekehrt...

Jonathan würde früh genug merken, dass er selbst anders war. Zanrelot hoffte, dass er dann zu ihm kommen würde. Er sehnte sich mehr nach dem Jungen, als nach allem, was er dem Abt pflichtschuldigst als seine größten Wünsche nannte: Rache, Macht. Jonathan war noch lange nicht für ihn verloren. Aber seine Mutter war es! Seine arme, menschliche, sterbliche Mutter. Zanrelot verfluchte sich selbst, dass er sie nicht auf den Weg gebracht hatte, unsterblich zu werden. Er hatte es versucht, aber sie wollte nicht und er hätte er es mit mehr Nachdruck verlangen sollen. Nun war es zu spät. Er hatte gedacht, sie hätte noch so viel Zeit, sich umzuentscheiden, zu lernen... Aber mit einem plötzlichen, scharfen Schnitt war ihre Zeit um.

Unbezahlbare Zeit, die sich mit keiner Magie der Welt zurückbringen ließ. Hier half keine Zeitschleife, keine magische Uhr. Zu endgültig war der Schnitt namens Tod.

Zanrelot schaute hinaus auf das weite Meer. Unendlichkeit... Unsterblichkeit... Er wollte sie mit den Händen greifen! Aber das Wasser zerrann ihm nicht nur zwischen den Fingern, seine Berührung bereitete ihm auch größtes Unbehagen und eine nie gekannte Urangst. Rasch zog er die Hände zurück und wich ein paar Schritte zurück. Was war das? Das Meer war doch immer sein Vertrauter gewesen, wie für jedes Kind, das an der Küste aufwuchs! Doch nun stellte es sich gegen ihn, wie sein eigener Sohn.

Zwei Hände fassten von hinten Zanrelots Schultern, als er ganz erschüttert dastand. Er musste den Kopf nicht wenden, um zu wissen, wer es war. Es war mittlerweile dunkel geworden und der Schwarze Abt war gekommen, lautlos wie immer. Er kam stets nur im Dunkeln. Er fand seinen Schüler immer und überall.

Es kam nur selten vor, dass der Meister seinen Schüler berührte, und auch seine Stimme war in diesem Moment ungewohnt sanft. "Zanrelot", erklärte er, "das ist der Lauf der Dinge. Weißt du nicht mehr? Wir Dämonen fürchten das Wasser, es hasst uns. Es ist der Ursprung des Lebens und wir... Wir sind das, was unerlaubt lebt. Unser Freund ist das Feuer, welches die Menschen so sehr fürchten. Wir sind mit ihm verwandt: wild, heiß, zerstörerisch, mächtig. Aber das Wasser, das angeblich so sanfte Wasser, ist der Todfeind des Feuers. Denke daran!"

Zanrelot waren Tränen in die Augen gestiegen und er war froh, dass der Abt hinter ihm stand und sie nicht sehen konnte. Dies war also sein endgültiger Abschied: von der Welt der Menschen, von der Frau, die er geliebt hatte und vom Meer.

"Verfluchtes Wasser!" stieß Zanrelot hervor, "verfluchte Zeit! Trügerische Elemente, die beide niemand festhalten kann!" Die Finger des Abtes gruben sich tiefer in seine Schultern. "Wirf endlich alle diese Dinge über Bord, die dir nur wehtun und die du gar nicht brauchst!" flüsterte der Meister ihm von hinten ins Ohr, "kein Dämon braucht Wasser! Kein Unsterblicher braucht Zeit! Kein mächtiger Magier braucht quälende Gefühle! Sag all dem Lebwohl und dreh dich nicht mehr danach um! Jeder Abschied ist ein Neuanfang. Komm, ich kann dir noch so viel zeigen! Was willst du haben? Was willst du wissen? Sag es mir!"

Zanrelot fuhr herum, die Augen noch immer feucht, aber in diesem Moment war es ihm egal. "Was ich lernen will?" sagte er trotzig, "das, was die großen, alten Zaubertränkemeister von jeher versprechen: den Tod verkorken! Die Zeit einfangen, zustöpseln, in eine Flasche! Ich will..." Ihm gingen die Worte aus und er schnappte nach Luft. Der Schwarze Abt lachte leise. "Ach, Zanrelot", sagte er, "gedulde dich, du wirst noch so viel lernen! Aber Zeit in einer Flasche, du machst mich lachen. Mich!" Er zog eine Phiole unter seinem Umhang hervor und reichte sie seinem Schüler: "Trink, das wird dich stärken! DAS, Zanrelot, ist Zeit in einer Flasche: unser grünes Elixier, unser Lebenstrank. Kraft für ein endloses Leben."

Zanrelot griff nach dem Gefäß, wie ein Ertrinkender nach einem Halt. Er stürzte einige große Schlucke hinunter. Kraft, Wärme und Ruhe durchströmten ihn. "Na, siehst du", sagte der Abt und lächelte sogar, "nicht jede Flüssigkeit ist trügerisch. Fühlst du dich nun stark genug für den endgültigen Schritt in dein neues Leben?" Zanrelot ließ ihn eine Zeit lang auf die Antwort warten. Dann nickte er, langsam, aber entschlossen.

Er warf einen letzten, langen Blick auf seine Vergangenheit, auf das Meer. Dann wandte er sich davon ab, hakte sich bei seinem Lehrer ein und ging in die Zukunft des unsterblichen Zanrelot.








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© Stefanie Jaschek